Nun ist meine Zeit hier fast zu Ende und jetzt kommt mein Rückblick.
Die Zeit hier ist sehr intensiv für mich gewesen, da ich mir selbst auch sehr viele Fragen gestellt habe, von „Ist doch eigentlich ganz schön hier“ bis hin zu „Was mache ich überhaupt hier?“ und „Will ich überhaupt noch Kunst machen?“ war alles dabei.
Ich teile das Ganze nun in Erlebnisse und Geschichten ein.
- Mein Ankommen war hier recht interessant, da ich in den Gesichtern der Erwachsenen zumindest gesehen habe „Was macht der hier überhaupt?“ und den Ausdruck „diese verrückten Deutschen“. Bei den Deutschen war eher zu sehen „Ach ja Künstler“.
Die Kinder die ununterbrochen um mich sind, hat das natürlich nicht interessiert. Die wollten die ganze Zeit wissen „Wann ist mein Flugzeug fertig?“, „Kann man damit spielen?“ und „Ob sie mithelfen können?“.
So anstrengend das mit den Kindern manchmal auch war, haben sie mir trotzdem das Gefühl gegeben das ich am Leben bin. Dadurch war es auch nie langweilig, auch wenn ich mich des öfteren mal im Wagen versteckt habe. Trotzdem habe ich aus dem Wagen beobachtet und zugehört, da mich ihre Gespräche fasziniert haben. Das schnelle Umschalten zwischen den Sprachen zum Beispiel oder wessen Mutter das bessere Essen macht oder ob seine Mama auch immer nur am Handy sitzt. Aus meiner Sicht – und das habe ich bereits vielen gesagt – beginnt Integration bei den Kindern, denn Sie sind die Zukunft und wir Erwachsene sind die Brücke dahin. Sind wir gut zu den Kindern, spiegelt sich genau das in der Zukunft wider. Die AFD will momentan genau diese Brück abbrennen und das dürfen wir nicht zulassen.
Als ich Kind war, sagte mir mein Opa in Damaskus mal „Ihr seit die Zukunft und wir die Vergangenheit und die Vergangenheit sollte mindestens zwei Genrationen in die Zukunft denken“. Ich war 8 als er mir das gesagt hat und kurz darauf ist er gestorben. Aus welchem Grund auch immer, ist das in meinem Gedächtnis hängen geblieben. - Nun, in der zweiten Woche gab es den emotionalen Moment über den ich bereits berichtet habe. Der Moment, als ein Kind vor der Tür mit Essen stand. Dazu sage ich nur: Nächstenliebe.
Unsere Sozialpolitik sollte zu allererst von unserer unmittelbaren Nähe ausgehen, meine Nachbarn, mein Haus, mein Viertel und den Kreis immer erweitern.
Ich habe mir jedenfalls dann mal wieder die Frage gestellt „Warum funktioniert das bei uns so schlecht?“ Die meisten Nachbarn gehen sich sehr oft aus dem Weg beziehungsweise haben Angst aufeinander einzugehen. Gestern kam dann natürlich die berechtigte Frage von Ricarda: Wieso kritisiere ich etwas und mache es aber nicht viel besser? Ich hätte ja während meiner Zeit hier auch auf die Menschen zugehen können. Meine Antwort darauf war in dem Augenblick: Ich bin doch nur für kurz da und doch nur eine Art Hamster im gelben Bauwagen für die Anderen. Im Nachhinein hat mich das Gespräch doch ganz schön ins Grübeln gebracht. Haben mich die 11 Jahre, die ich bereits hier bin so sehr verändert?! Verändert auf jeden Fall, aber in was? Böse gesagt: Bin ich etwa zu Deutsch geworden? Zumindest wurde mir bei meiner letzten Reise in Kuba oft gesagt, ich verhalte mich zu sehr wie ein Deutscher. Mich würde aber interessieren, woran die das festmachen! Bin ich zu ordentlich? Oder zu diszipliniert, wenn ich arbeiten will? Oder, weil ich über die Jahre verlernt habe Emotionen direkt zu zeigen?
Ich weiß es nicht. Einer syrischen Freundin hatte ich jedenfalls letztens gesagt „Die 24 Jahre Damaskus fühlen sich inzwischen wie ein Traum an, der nie stattgefunden hat.“ - Nun zum Schluss.
Ich hatte hier viele interessante Begegnungen und lustiger Weise haben mich hier draußen viele Menschen besucht die sich extra auf dem Weg gemacht haben.
Von Menschen die mich als Kind mit dem Kinderwagen durch Damaskus geschoben haben, bis hin zu Kunstdozenten aus New Orleans, die das Projekt spannend fanden und einfach nach Marzahn gefahren sind.
Die Zeit hier im Heim fand ich sehr spannend und sehr inspirierend doch alles hat irgend wann ein Ende.
Meine Reise geht mal wieder weiter. Ich bin der ewige Nomade und die Wege führen mich zu vielen Projekten die interessant sind und die ich auch gerne mache. Aber eigentlich, wenn ich ehrlich bin, habe ich mir immer gewünscht mal irgendwo anzukommen und zu irgendwas dazu zu gehören. Aber irgendwie ist mir das nicht vergönnt und vielleicht macht das meine Arbeit auch aus. Over and Out.